der Narr

Das Licht zu grell, der Saal zu laut,
die Augen trübe und bleich die Haut,
so sitzt er an die Wand gedrückt,
in seiner Einsamkeit entrückt

aus dieser leeren Wirklichkeit,
manchmal ein bisschen Heiterkeit,
ein kleines Lächeln, verirrt und zerstreut,
verschenkt und verloren, doch niemals bereut.

Sein Vater, ein berühmter Mann,
den nichts so leicht erschüttern kann,
der heisst Humor und ist bedacht,
dass er das Schwere leichter macht.

Auch seine Mutter ist bekannt,
sie wird Melancholie genannt.
Sie ist von erdenschwerer Kraft
und schöpferischer Leidenschaft.

Er trägt das Erbe von den beiden
und oft kann er sich nicht entscheiden,
auf den Lippen ein Lächeln, im Herzen ein Weinen,
muss er sie beide in sich vereinen.

Dann wird es dunkel, nur ein Licht
scheint ihm jetzt mitten ins Gesicht.
Im Saal wird's plötzlich totenstill,
weil jeder ihn gern hören will.

Und er steht auf, verbeugt sich dann
und zieht die Narrenkappe an,
beginnt zu spassen und zu scherzen,
erheitert und erreicht die Herzen,

verzaubert alle mit seinen Geschichten,
Liedern, Pointen und Gedichten.
Dann ist's vorbei, nach viel Applaus
gehn alle frohgestimmt nach haus.

Nur er bleibt noch, lehnt an der Wand,
die Narrenkappe in der Hand,
hört noch das Lachen im leeren Saal
und fürchtet sich vor dem nächsten mal.

In seiner schweren Einsamkeit
liegt dennoch ein bisschen Heiterkeit,
ein kleines Lächeln, verirrt und zerstreut,
verschenkt und verloren, doch niemals bereut.


Reisepläne

Ein Mensch möchte seit Jahren gern
auf Reisen gehn in weite Fern
und weil die Welt ihn interessiert
hat er in Bücher investiert,
die jene Orte gut beschreiben,
wo er so gern sich rum würd treiben.

Und auch vom TV hat er schon
sehr viel gelernt. Mit Bild und Ton
konnt er im Geist auf Reisen gehn
und seine Wunschtraumziele sehn.
Und jedesmal denkt er: Ganz klar,
dort will ich hin, im nächsten Jahr!

Doch dann liest er ein andres Buch
und denkt: Dorthin würd ein Besuch
ja ebenfalls sich lohnen sehr!
und die Entscheidung fällt ihm schwer,
in welches Land er reisen soll,
ihm scheint ein Jedes wundervoll.

So träumt der Mensch sich weit, weit fort,
besucht gedanklich jeden Ort,
sieht Nordlichter und Tropenbäume,
Vulkane, Meere, Wüstensäume
und fährt dann, wie seit Jahren schon
zum Campingplatz nach Auslikon.


der Kritiker

Ein Mensch, der gerne Künstler wär,
dem fällt das Künstler-Sein sehr schwer,
zwar strengt er sich erheblich an,
doch fehlt Talent dem armen Mann.

Zum Schreiben bräucht man Phantasie,
als Musiker trifft er fast nie
den Ton, den er grad treffen soll,
sein Farbensinn ist auch nicht toll,

auch Schauspiel, Tanz hat er probiert
und zeigte sich - untalentiert.
Dabei wüsst in der Theorie
er über Kunst Bescheid, und wie!

Zum Schluss sieht er verdrossen ein:
Er wird wohl niemals Künstler sein.
Der Mensch, der gerne Künstler wär,
der wird stattdessen - Kritiker.


Tage wie diese

Ein Mensch, der morgens früh erwacht,
fühlt sich, als hätt' ihn über Nacht
ein Albtraum fest ans Bett geschraubt,
gerät in Panik, weil er glaubt,
dass er sich nicht mehr rühren kann,
erwacht nochmal und denkt: O Mann,

heut ist mal wieder, ohne Frage,
wie's aussieht, einer dieser Tage!

Und um die These zu belegen,
klatscht kalt ans dunkle Fenster Regen.
Die Kaffee-Dose gähnt ihn an,
was er ihr nicht verübeln kann,
denn sie ist ja, genau wie er,
verbeult, zerkratzt und völlig leer.

Denn heut ist sicher, ohne Frage,
mal wieder einer dieser Tage.

So schleppt der Mensch sich ins Büro,
die Arbeit macht ihn auch nicht froh,
nur Ärger, Stress und Nörgelei,
am Abend kommt der Chef vorbei
und fragt, weshalb er heute da,
er hätt' doch montags frei! -Aha!

Jetzt weiss er's, heut ist, ohne Frage,
ganz sicher einer dieser Tage.

Sein Stammlokal hat heute zu,
die Freunde lassen ihn in Ruh,
was soll's, denkt er, es passt zum Tag,
geht ins Café, das er nicht mag
und im Café sitzt eine Frau,
die lächelt, er sieht's ganz genau.

Die Frau ist schön, gar keine Frage,
doch heut ist einer dieser Tage.

Da kommt ja doch nichts raus dabei,
da fragt die Frau: Ist hier noch frei?
Der Mensch, der grad noch grantig war,
lächelt charmant und sagt: Na klar!
Den Rest verschweige ich diskret,
weil das ja nur die zwei angeht.

Man soll, zumal an solchen Tagen,
ja nicht gleich immer alles sagen.