Der Traum des Nashorns

Ein Nashorn sass auf einem Baum
und sang ne Melodie,
zu fliegen war sein grösster Traum,
doch wusst es nicht recht wie.

Es mangelte am Federkleid,
es fehlten Vogelschwingen
und ohne die, es wusst Bescheid,
konnt's Fliegen nicht gelingen.

So flog vorerst nur sein Gesang
melodisch übers Land
und viele hörten diesen Klang
und lauschten ihm gebannt.

Ein cleverer Musikagent
hatte dies mitbekommen
und's Nashorn als Gesangstalent
unter Vertrag genommen.

So machte das Rhinozeros
als Sänger steil Karriere,
ging auf Tournee mit grossem Tross,
gewann als Star viel Ehre.

Im Jet, first class, da flog es nun
auch ohne eigne Schwingen
und musst dafür nichts andres tun,
als auf nem Baum zu singen.

Und die Moral, ganz kurz gefasst,
hab ich mir so gedacht:
Nichts ist unmöglich, wenn du hast
Unmögliches vollbracht.


Ein Tintenfisch

Ein Tintenfisch sitzt in der Tiefe 
und schreibt achtarmig Liebesbriefe. 
Acht Stück an acht verschiedne Frauen, 
doch sage ich euch im Vertrauen, 
dass er nicht eine liebt von ihnen, 
er macht das bloss zum Geldverdienen. 

Er schreibt im Namen von nicht dummen, 
doch allgemein halt eher stummen 
und darum nicht sehr eloquenten, 
schwer verliebten Fischklienten. 

Er schreibt der Braut vom Hammerhai, 
dass sie für ihn der Hammer sei. 

Fürs Clownfisch-Herzblatt: Bitte wohne 
mit mir in meiner Anemone! 

Der Schwertfisch-Freundin schwört er schnell, 
er zög für sie gern ins Duell. 

Fürs Seepferd dichtet er: Schon längst 
träum ich davon, ich wär dein Hengst! 

Dem Zitteraal hat er notiert: 
Ich bin von dir elektrisiert! 

Und der Sardine schreibt er warm: 
Du bist und bleibst mein grösster Schwarm! 

Beim Kofferfisch wird er exakt: 
Ich komm zu dir, hab mich gepackt! 

Fürs Blauwal-Liebchen textet er, 
dass sie für ihn die Grösste wär. 

Ein Tintenfisch sitzt in der Tiefe 
und schreibt - für andre - Liebesbriefe. 
Erzählt ist schnell der ganze Rest: 
Die Tinte ist nicht wasserfest.


Zebras Abenteuer auf dem Bauernhof

Ein Zebra, welches als Tourist
auf Urlaub in der Schweiz grad ist,
besucht 'nen Bauernhof bei Thun
und sieht zum ersten mal ein Huhn.

Und weil ihm Hühner unbekannt
fragt es: "Wer bist du", ganz gespannt.
"Ich bin ein Huhn.", sagts Huhn und pickt
nach einem Korn, das Zebra nickt.

"Und wozu treibst du dich hier rum?"
"Zum Eierlegen! Frag nicht dumm!"
So brüsk zurückgewiesen eilt
es fort zum Stall wo Elsa weilt.

"Wer bist du?", will es wieder wissen,
weil es von Neugier stark gebissen.
"Ich bin die Elsa, eine Kuh",
gibt diese liebenswürdig zu.

"Ach so! Und wozu bist du hier?"
"Ich gebe Milch. Bin ein Milch-Tier"
So zieht das Zebra seine Runden
fragt jedes Tier ganz unumwunden,

wer es und wozu es sei
und lernt dabei so mancherlei:
Der Hofhund, der den Hof bewacht,
das Schwein, aus dem man Würste macht,

der Gockel, der die andern weckt,
das Schaf, das ganz in Wolle steckt,
all dies scheint sinnvoll angelegt.
Das Zebra wird ganz aufgeregt,

rennt auf die Weide, kommt zum Stier:
"Wer bist du und was tust du hier?"
Der Stier schaut Zebra lange an,
schnaubt leise und erwidert dann:

"Siehst du das Wäldchen, dort am Bach?
In fünf Minuten komm ich nach.
Geh du schon mal dorthin voraus,
und zieh deinen Pyjama aus."


der Wolkenhund

Ich lieg im Gras und Wolkenschafe
ziehn vom Wind gescheucht
weit über mir von West nach Ost,
recht eilig, wie mich deucht.

Und gleich dahinter schwimmt ein grosses
Wolkenkrokodil.
Jagt es die Schafe? Nein ich glaub
es hat ein andres Ziel.

Und ist das etwa ein Kamel,
das dort gemütlich schreitet?
Ach nein, es ist ein Dromedar,
wird von nem Hund begleitet.

Der Hund sieht aus als hebe er
sein linkes Hinterbein,
doch dann denk ich, dass sowas ja
im Grunde nicht kann sein.

Da klatscht ein dicker Tropfen mir
grad mitten ins Portrait,
ein zweiter, dritter und ich glaub,
dass ich jetzt besser geh.

Durchnässt bis auf die Knochen komme
ich zuhause an
und weiss jetzt, dass man Wolkenhunden
nicht recht trauen kann.


Der Stachelbär

Ein Stachelbär, der frisch verliebt,
sich wirklich alle Mühe gibt,
doch so manche Liebelei
endet mit ner Stichelei
und verletzt denkt er: o Mann,
dass Liebe derart weh tun kann!


Der Igel und das Stachelschwein

Der Igel und das Stachelschwein, 
die fanden beide, so allein 
und einsam durch die Welt zu gehn, 
sei alles andere als schön. 

Man kann deshalb ganz leicht erraten, 
dass sich die zwei zusammentaten - 
... das heisst - sie täten es wohl, wär 
da nur nicht dieser Stachelbär! 

Denn der verdreht dem Stachelschwein 
ganz arg den Kopf - ach wie gemein! 
so dass der Igel - schnöd verschmäht 
und tief gekränkt ins Kloster geht. 

....das heisst - er ginge sicher, wären 
im Klostergarten keine Beeren - 
Stachelbeer'n um genau zu sein, 
die ihn erinnern ans Stachelschwein 

und an die tiefen Herzenswunden 
und all die Schmach, die er empfunden, 
weshalb den Schritt zum See er lenkt 
und sich dort kurzerhand ertränkt! 

....das heisst - er würd es sicher tun, 
säh er am Seestrand nicht wen ruhn, 
der wild sein Herz lässt höher schlagen 
und sofort abstellt jedes Klagen. 

Die Seeigelin lächelt voller Charme, 
dem Igel wirds ganz wohl und warm, 
hat nun, nach all den schweren Stunden, 
'nen Schatz fürs Leben doch gefunden. 

....das heisst - nein! Stopp! Jetzt hör ich auf! 
lass der Geschichte ihren Lauf, 
will sie nicht länger drehn und wenden 
und lasse sie drum "happy" enden! 


Warum Tausendfüssler barfuss gehen

An Pferdefüsse, so ist's Brauch,
schlägt man Hufeisen an,
damit das Pferd natürlich auch
wenn's Lust hat, treten kann.

Der Hufschmied profitiert davon,
verdient sich so sein Brot,
gäb's keine Pferdefüsse mehr,
käm er in grösste Not.

Er müsste sich umschulen schnell
und sich neu orientieren,
wär er flexibel und auch hell,
müsst er nicht lang studieren.

Als neue Kundschaft hätt er gleich
Tausendfüssler erkannt
und würde unermesslich reich,
als Sockenfabrikant.

Es gibt noch Pferde, ist ja klar,
drum ist dies nie geschehen,
und Tausendfüssler, s'bleibt wie's war,
kann man nur barfuss sehen.


Problem

Die Tausendfüsslermutter findet:
"Kind, es ist mir ernst:
Wird Zeit dass, wie man Schuhe bindet,
du nun endlich lernst!"

Das Kindchen mosert: "So 'n Stuss!
Kauf mir doch Schuh mit Klettverschluss!"


Motte, Mensch und Frosch

Der Mensch kann Motten gar nicht leiden
und schlägt nach ihnen wie besessen,
dabei sind Motten doch bescheiden,
weil sie ausschliesslich Löcher fressen.

Hingegen schätzt der Frosch die Motte,
was durchaus tröstlich wär',
nur leider hat er die Marotte:
Er schätzt sie zum Verzehr.

Die Motte selber aber stürzt,
voll Leidenschaft ins Licht,
was dann ihr Leben stark verkürzt,
den Menschen kümmert's nicht.

Der Frosch jedoch ist gar nicht froh,
wenn Motten das passiert,
er mag sie gerne, wenn sie roh,
doch nicht, wenn sie grilliert.

Dies alles zeigt uns wunderbar,
und deutlich, wie ich find'
dass Frosch und Mensch doch ziemlich klar
auch unterschiedlich sind.


Tigerstreifen

Tiger sind im Allgemeinen
stolz auf ihre Streifen,
wenn sie sie jedoch verlieren,
kann man gut begreifen,

dass der Ärger riesengross
und ganz enorm der Frust.
Das wissen alle. Ach, hätt' Peter
das nur auch gewusst!

Peter war nämlich ein Dieb,
der auf Bestellung stahl,
fand, dies sei ein guter Job,
wenn auch nicht ganz legal.

Der letzte Auftrag jedoch brachte
Peter gar kein Glück,
da gings um die erwähnten Streifen -
sechsundfünfzig Stück.

Und der Kunde war ein Löwe,
ein Baulöwe genau,
der wollt' die Tigerstreifen als
Geschenk für seine Frau.

Nun - kurz und schlecht, die ganze Sache
ging entsetzlich schief,
es zeigte sich, dass dieser Tiger
nämlich nicht gut schlief.

Und deshalb erwachte, als
der sonst geschickte Peter
grad am Streifen klauen war
und stellte so den Täter.

Der Rest ist übel, nur so viel:
Der Peter musste leiden!
Und seither ist er drauf bedacht,
Gestreiftes strikt zu meiden.


Der Asifant

In Wolkenheim, da hat man neulich
grade was entdeckt,
ein seltsam Wesen, welches sich
im Kopfsalat versteckt.

Das Wesen war sehr klein und zart
und hatte goldne Schwingen,
vier Füsse und ein Rüsselchen
und konnte sehr schön singen.

Dies Tierchen war in Wolkenheim
bislang ganz unbekannt,
doch bald schon fand man dann heraus:
Das war ein Asifant.

Die Meinungen waren geteilt,
was man nun machen solle,
ob man das Tier verjagen oder
da behalten wolle.

Die Einen liebten den Gesang
und lauschten selbstvergessen,
die Andren meinten, dieses Vieh
würd den Salat wegfressen.

Darüber gab's 'nen bösen Streit,
man kennt ja sowas schon,
der Asifant indessen flog
ganz unbemerkt davon.

So ist das halt, so leicht lässt sich
ein Asifant erschrecken,
den Kopfsalat, dies nur am Rand,
den frassen dann die Schnecken.


Die Laus

Ne dralle Laus, die wollte sich
einst mit nem Floh vermählen,
er war ihr Prinz, ihr Augenstern,
wollt keinen andren wählen.

Der Floh jedoch, man glaubt es kaum,
missachtete die Laus,
er fand sie sähe irgendwie
ein bisschen lausig aus.

Die Laus war drüber sehr erbost
und biss den Floh ins Bein,
das wiederum, so fand der Floh,
sei wirklich nicht sehr fein.

Stark hinkend kroch deshalb der Floh
der Laus ins linke Ohr,
und flüstert ihr seitdem mit Fleiss
und täglich etwas vor.

Die Laus indessen suchte sich,
nen Pelz, der warm und dicht,
was dann geschah, ich geb es zu,
das weiss ich zum Glück nicht.


Erwin, der vergessliche Elefant

Die Regel ist: Der Elefant
ist allgemein dafür bekannt,
dass er niemals etwas vergisst,
auch wenn's schon ewig lang her ist.

 

Doch jede Regel, so ist's Brauch,
benötigt 'ne Ausnahme auch,
damit durch sie die Regel dann
sehr schön bestätigt werden kann.

 

Weil diese Logik unbestechlich
war Erwin fürchterlich vergesslich,
er wurde nämlich einst ernannt,
als eben jener Elefant,

 

der sich sollt drin betätigen,
die Regel zu bestätigen,
was er auch tat, sehr vehement
und mit erheblichem Talent.

 

Er vergass alles: Namen, Orte,
nette und auch böse Worte,
Verabredungen und sogar,
wofür denn dieser Rüssel war.

 

Vergass, sobald er aufgewacht,
dass er geschlafen in der Nacht,
vergass zu trinken und zu essen,
vergass am End' gar zu vergessen.

 

Und dieser letzte Punkt ist wichtig,
denn es geschah nun folgerichtig,
dass sein Erinnern Stück für Stück

und fast vollständig kam zurück.

 

Erwin wurd', 's liegt auf der Hand,
ein ganz normaler Elefant,
der niemals irgendwas vergisst.-
Ausser, dass er vergesslich ist.